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8. Tag - Platte Füße in Berlin

So viel, wie heute, bin ich noch nie mit meinem Massagestuhl durch die Gegend gerollert. Aus eigener Schusseligkeit, mussten wir gleich zu Anfang nochmal zurück zum Auto, da wir unser Aktionsschild vergessen hatten und irgendwie war das heute nicht der Tag der direktesten Wege ...

 

Wir hatten uns entschieden auf der Museumsinsel unsere Massagestühle aufzustellen. Auf dem Weg dorthin fing es dann leider schon wieder an zu regnen. Schönerweise hörte es aber schnell wieder auf. Dennoch machte sich das unstete Wetter natürlich durch deutliche weniger Publikumsverkehr bemerkbar.

 

Nachdem wir uns, nach unserem langen Marsch, etwas gestärkt hatten, stellten wir unsere Stühle in einer schönen Arkade direkt am Ufer auf. Ein etwas geschützterer Ort mit nicht so viel, aber stetigem Verkehr. Trotz unserer "Vorzeige"- Berührungszeit - wir setzen uns oft erstmal gegenseitig auf den Stuhl und schenken uns eine Berührungszeit zum Ankommen und zum Sichtbarmachen nach Außen - ließ sich dort niemand auf unser Angebot ein. Die Vorbeilaufenden waren eher verschlossen und wirkten unentspannt. Die wenigen, die richtiges Interesse hatten, hatten zu ungeduldige Partner dabei, die sich leider durchsetzten.

 

So entschieden wir das Feld zu räumen und nach einem neuen Platz zu schauen. Alex, Einkaufspassage, Park oder Reichstag? Wir entschieden uns für die Wiese vorm Reichstag und rollerten dort hin. Ein reges Treiben fanden wir dort vor. Viele Besucher(Gruppen) vor dem Eingang, einige entspannt auf der Wiese davor Rumlümmelnde. Mittlerweile hatte die Sonne sich wieder breit gemacht. Nach ein paar Minuten des Ankommens bauten wir unsere Stühle wieder auf und harrten der Menschen, die da wohl kommen würden. Die Atmosphäre war deutlich offener, neugieriger und nach unserer nächsten "Vorzeige"-Berührungszeit kamen die ersten und ließen sich ein. Und wir hatten unsere erste, sehr nette Begegnung mit der Polizei. Ein Polizist kam zu uns - wir dachten schon, jetzt müssten wir evt. das Feld räumen - und fragte uns nur ganz offen, ob wir gegen Geld massieren. Das dürften wir nämlich nicht vorm Reichstag. Als wir ihn aufklärten, was wir tun und warum wir es tun, sagte er, das hätte er hier auch noch nicht erlebt, aber solch Herzenssachen wären ok. Es gäbe ja die skurrilsten Sachen vorm Reichstag. 

Und Bernds Wunsch ist in Erfüllung gegangen, als freudestrahlend ein junger Mann auf uns zugelaufen kam und sagt: "Ihr ward doch vorgestern am Timmendorfer Strand". Er machte ein Foto von uns und schickte es seiner Freundin, mit der er sich dort auf unserem Massagestuhl hatte berühren lassen und bedankte sich nochmal dafür - auch wenn er heute keine Zeit hatte, sich nochmal einzulassen.

 

Leider, leider fing es dann bald wieder an zu regnen und die Wiese leerte sich. Unser Gefühl war, dass wir ohne diese Intervention des Himmels - Wetter ist halt Wetter - noch viele Menschen hätten berühren dürfen. Die Beiden, die auf dem Stuhl saßen, während es zu regnen anfing, ließen sich übrigens davon nicht stören, sondern genossen die Berührung bis zum Ende. Das war ein schöner Abschluss für uns. 

Jetzt haben wir platte Füße, sind etwas müde, aber glücklich.

 

Kerstin

 

 

 

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