Was passiert, wenn man etwas unbedingt fertig bekommen möchte, weil der Zeitpunkt reif ist, aber die Bedingungen stimmen nicht ganz? Kennt ihr das, diese Ungeduld? Und dann passieren einem Fehler, weil irgendeine Funktion im Hirn nicht mehr ganz funktioniert, man sich Faktoren schön redet, bei denen ein Teil des Verstandes sehr wohl weiß, dass das keinen Sinn macht und in die Hose gehen wird. Dieser Teil wird aber von dem ungeduldigen Teil einfach übertönt, in dem er alle, seien es noch so irrationale Argumente, mit gewieftem Verkäufercharm lautstark in den Raum bringt. Kennst du sowas? Und schon hast du die Bestellung aufgegeben und erst einige Zeit später, wenn du anderen davon erzählst, kommst du wieder zu Bewusstsein.
So lief es bei unseren T-Shirts. Da Bernd und ich 300 km auseinander wohnen, war es unrealistisch, dass wir in nächster Zeit gemeinsam in einen T-Shirtladen kommen, um T-Shirts zum Bedrucken auszuprobieren. Also gab ich Bernd ein T-Shirt von mir mit, als Muster zum Abgleichen. Vor Ort fand er dann T-Shirts, die ihm sehr gut gefielen, bei denen er auch sicher war, dass sie mir gefallen würden. Sie waren nur etwas länger als mein Muster. Und ja, irgendwie auch viel schmaler. Aber, was sie an Breite zu wenig hatten, hatten sie ja an Länge mehr und das gleicht sich doch bestimmt aus! – hauchte ihm seine Verkäuferstimme ins Ohr. Genauso erzählte sie ihm, ich hätte ihm ja auch ein recht breites (was nicht stimmt!) Muster-T-Shirt mitgegeben und ich hätte ja gesagt, dass ich lieber ein tailliertes T-Shirt hätte. Also, passt schon. Größe S ist da doch genau richtig, Kerstin ist ja schließlich schmal. Und ja, die Jacke sieht schon ein bißchen klein aus, noch kleiner, als die T-Shirts, aber das passt bestimmt und der Stoff ist doch so schön und die Form auch und sie passt so gut zur Männerjacke. Der charmante Verkäufer in ihm hatte einfach den Fokus auf Details verschoben und den Größenfokus ausgeschaltet. Und er hat überzeugt. Bestellung abgegeben. Juchu, fertig, erledigt!
Bis Bernd mich anrief und bei meinen Nachfragen immer unsicherer wurde, bis wir nur noch lachen mussten, darüber, dass sein Hirn wirklich Aussetzer hatte. Die T-Shirts konnte er am nächsten Morgen noch auf M umändern, aber bei der Jacke hätte er auf L umsteigen müssen (was sinnvoll gewesen wäre), doch den Sprung hat er sich nicht getraut – da kam nochmal der charmante Verkäufer in ihm zu Wort, der diese Größenstörung hat.
Jetzt habe ich zwei gelungene, schöne T-Shirts. Das eine sehr figurbetont, dass andere bequemer und wir haben eine Kapuzenjacke zu verschenken. Ich bekomme sie zwar mit etwas Geschick zu, aber ich sehe wirklich aus, als sei ich rausgewachsen.
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